Harry Kane: Warum Bayerns Torjäger viel mehr ist als eine klassische Nummer 9
Selbst Jonathan Tah war nach dem Spiel bei der TSG Hoffenheim sprachlos. „Mir fehlen die Worte“, sagte der Innenverteidiger des FC Bayern, als er nach dem Hattrick von Harry Kane gefragt wurde. Die wenigen Worte, die er fand, waren nur lobend: „Er macht es unglaublich. Ich habe nicht viele Stürmer gesehen, die so viel auf dem Platz leisten wie er.“ Gemeint waren damit nicht nur die Tore.
Stürmer wie Kane werden oft an Zahlen gemessen. Daten, Statistiken – sie gelten als direktester, vielleicht ehrlichster Maßstab für die Leistung eines Angreifers. Doch manche Spieler geben sich damit nicht zufrieden. Es sind die Torjäger, die nicht nur im Strafraum auf den Ball warten. Die sich nicht allein durch ihre Abschlussstärke definieren, sondern ihrem Team echten Mehrwert verleihen. Die die Rolle der klassischen Nummer 9 mit den Fähigkeiten eines Spielmachers vereinen – torgefährlich, teamorientiert und taktisch vielseitig. Kane ist das beste Beispiel dafür.
Wenn Zahlen nur die halbe Wahrheit erzählen
Seine Trefferbilanz unterstreicht, wie ehrlich, aber auch wie trügerisch Zahlen sein können. Acht Tore in den ersten vier Bundesligaspielen – beeindruckend genug. Doch noch beeindruckender: Kane brauchte dafür nur 330 Minuten, eine Marke, die zuvor nur Serhou Guirassy (Stuttgart 2023/24) und Peter Meyer (Borussia Mönchengladbach 1967/68) erreicht hatten. Alle Treffer erzielte der 32-Jährige aus dem Strafraum heraus – ein klassischer „Strafraumfuchs“ also? Keineswegs.
Wenn es um Spielintelligenz geht, können ihm nur wenige das Wasser reichen. Anders als ein typischer Abstauber lässt sich der englische Kapitän häufig ins Mittelfeld fallen, bindet Gegner und schafft Räume für Mitspieler. Hier zeigt sich seine technische Klasse: präzise Diagonalbälle wie ein Quarterback, clevere Bewegungen zwischen den Linien, frühzeitiges Erkennen von Situationen. So ist er nicht nur im Spielaufbau präsent, sondern kreiert auch Chancen für seine Teamkollegen.
Kanes Rolle zwischen Strafraum und Mittelfeld
Seine Heatmap belegt es: Die meisten seiner Ballkontakte liegen zwischen Mittellinie und Strafraumkante. Besonders gern taucht er halblinks auf, ist über die vollen 90 Minuten präsent und nie unsichtbar. Kein Wunder, dass seine Mitspieler profitieren: drei Assists in den ersten drei Ligaspielen. Zudem arbeitet Kane auch defensiv mit, hilft bei Standards und scheut keine Zweikämpfe.
Doch die wahre Magie entfaltet er vor dem gegnerischen Tor. Dort kombiniert er Präzision, Timing und Instinkt – eine Mischung, die ihn zu einem der besten Stürmer der Welt macht. Sein Hattrick in Sinsheim war bereits Treffer Nummer 98 in 103 Pflichtspielen für den FC Bayern. Mit nun 70 Bundesliga-Toren in nur 67 Einsätzen jagt er weitere Rekorde – schneller als selbst Ronaldo oder Haaland auf dem Weg zur 100-Tore-Marke.
Demütig wie immer sagte Kane nach dem Schlusspfiff: „Es ist schön, wieder getroffen und der Mannschaft geholfen zu haben.“ Für ihn zählt das Team – keine Allüren, keine Eitelkeiten. Und so bringt er den deutschen Rekordmeister in Höchstform: 18 Tore in vier Spielen, 12 Punkte, eine Tordifferenz von +15 – ein Start nach Maß.
Jonathan Tah fasste es zusammen: „Er soll einfach so weitermachen.“